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Betreten und berühren erwünscht: Das Bühnenbild

Meine „Atemfreude“ bewegen die ganze Person.
Zuerst, wenn die SeniorInnen in den Raum kommen und das „Bühnenbild“ in der Mitte des großen Stuhlkreises anschauen. Jede „Atemfreude“ ist eine interaktive Geschichte, die wir gemeinsam erleben. Das Bühnenbild weckt Neugier und Erwartungen. Es lädt zum Betrachten und Anfassen ein.
Als Einstieg in die Stunde begrüße ich alle und nenne das Thema. Dabei erläutere ich kurz, woraus das Bühnenbild besteht und warum. So habe ich bei einer „Atemfreude“ unter dem Motto „Wir richten ein Baby-Zimmer ein“ (klingt viel motivierender als „Heute bewegen wir unserer Körper mit diversen Übungen, die an´s Renovieren erinnern“) meine wahre und einzige Puppe Valentin mitgebracht. Im Anschluss hatte ich noch ein sehr anrührendes Gespräch mit einer alten Dame, die sich Valentin genau anschaute und mir davon erzählte, dass sie sich im Krieg von ihrer Käthe-Kruse-Puppe „Schlummerle“ trennen musste, damit ihre Eltern von dem Erlös auf dem Schwarzmarkt etwas zu Essen kaufen konnten.

Dann beginne ich, die Geschichte zu erzählen, so machen wir uns gemeinsam auf die Reise.  Mit ersten Übungen wärmen wir den Körper auf und lassen uns auf das erzählte Geschehen ein. Grundsätzlich wähle ich Themen, die in der Erinnerung alter Menschen gut bekannt und positiv besetzt sind:
Ein Tag auf dem Bauernhof (wie hier im Bühnenbild dargestellt), unterwegs mit der Fähre auf eine Insel, ein Besuch im Zirkus, ein Nachmittag am Badesee, ein herbstliches Erntefest, das gemeinsame Schmücken des Tannenbaums.
Diese Erlebnisse haben schon vor langer Zeit (das erste Mal) stattgefunden, waren also prägend und sind dadurch in der Erinnerung gut abzurufen. Von höchster Priorität ist die positive Erinnerung, damit die Geschichte ihre motivierende Wirkung entfaltet. Wer anhand meiner Moderation gedanklich in einen schönen Moment zurück reist, erlebt die angeleitete Bewegung von Innen heraus und damit intuitiv. Aus diesem Grund können auch demenziell erkrankte Personen dem Inhalt gut folgen.
Außerdem hilft die angenehme Erinnerung in den Momenten, wo die Bewegung mit Schmerzen verbunden ist: Wenn ich ein Training „hinter mich bringe, weil der Körper ja Bewegung braucht“, treten bei Schmerzen neben äußeren oft innere Widerstände auf. Wenn ich dagegen gedanklich einen Moment von Damals mit meiner längst verstorbenen Familie wieder erlebe, werden die Bewegungen flüssiger und der Schmerz tritt weniger auf oder in den Hintergrund.
Neben dem Anschauen und Berühren des Bühnebilds, dem Aktivieren alter Erinnerungen und dem Bewegen des ganzen Körpers kommt noch eine weitere Ebene während der „Atemreise“ zum Tragen: Die Wahrnehmung von sonst unbewusst ablaufenden Körperprozessen, in diesem Fall der Atmung. Alle Übungen fördern die vertiefte Atmung, auch wenn ich bei den ersten Übungen oft absichtlich nichts davon sage, um die Aufmerksamkeit nicht abzulenken. Im zweiten Drittel der Stunde verbinde ich in der Handlung die Bewegung mit der Atmung. Oft mit natürlichem Geschehen wie Schnauben, Seufzen, Pusten. Danach leite ich zu einer Atemwahrnehmung über, deren Ziel es ist, dass die Atembewegung im Körper in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt. Auch die Atemräume in Brust, Bauch und Flanken (Körperseiten) werden durch das Auflegen der Hände erspürt. Danach treten Übungen in den Vordergrund, in denen wir aktiv den Atem beeinflussen. Mundmotorische Aufgaben, weiterhin im Rahmen der erzählten Geschichte, und sanftes Summen und Brummen leiten dann zum letzten Teil der Stunde über: Wir singen bekannte Volkslieder mit fröhlichem (!) Inhalt. Plötzlich sind mit der Melodie die Texte wieder da, positive Emotionen entstehen direkt beim Singen und halten über die Gruppenstunde hinaus an.

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